Libes briv (1748/49): Isaak Wetzlars pietistisches Erneuerungsprogramm des Judentums. Textedition, Übersetzung, Kommentar und historische Beiträge (2021)

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Marion Aptroot and Rebekka Voß (eds.), Libes briv (1748/49): Isaak Wetzlars pietistisches Erneuerungsprogramm des Judentums. Textedition, Übersetzung, Kommentar und historische Beiträge, Hamburg: Buske, 2021.

1748/49 verfasste Isaak Wetzlar (1685/90-1751), ein gebildeter jüdischer Kaufmann aus Celle in Niedersachsen, eine religiös-ethische Reformschrift auf Jiddisch, "Libes briv". Darin wandte sich der Autor kurz vor seinem Tod mit einer scharfen Sozialkritik an seine jüdischen Brüder und Schwestern in Mitteleuropa, verbunden mit dem dringenden Aufruf zur religiös-moralischen Erneuerung und Vorschlägen zur Reform der jüdischen Gesellschaft. Neben einer weitreichenden Erziehungsreform fordert Wetzlar die Rückbesinnung auf die zentralen Werte des Judentums: hingebungsvolles Gebet, Umkehr, gute Taten und Nächstenliebe. Das interdisziplinär angelegte Projekt untersucht exemplarisch auf Grundlage des "Libes briv" und weiterer ausgewählter Werke des 18. Jahrhunderts die Auseinandersetzung des mitteleuropäischen Judentums mit dem zeitgenössischen christlichen Pietismus. Wetzlars "Libes briv" erscheint in Form und Inhalt nämlich vom christlichen "Liebesbrief" beeinflusst, den die Pietisten in der Judenmission – häufig auf Jiddisch – an die Juden Mitteleuropas richteten, um sie "mit Zuckerbrot statt Peitsche" zum christlichen Glauben zu bekehren. Der Autor übernimmt theologische Konzepte und Ideale pietistischer Frömmigkeit und Lebensführung. Die vergleichende Betrachtung weiterer jiddischer und hebräischer Werke der Moralliteratur (Mussar) bzw. der frühen Haskala im Kontext des Pietismus trägt zum vertieften Verständnis ihrer Reformkonzepte sozialer und religiöser Erneuerung, insbesondere der Bildungsreform, bei, die den Reformprogrammen der Pietisten auffallend ähnlich sind. Neben der kultur- und literaturgeschichtlichen Neueinordnung des "Libes briv", der – nie gedruckt – in einer für die Zeit vergleichsweise reichen handschriftlichen Überlieferung erhalten ist, soll eine kritische und kommentierte Edition des Werkes auf Grundlage aller erhaltenen Handschriften mit deutscher Übersetzung erstellt werden.